Ein Fest der Weiblichkeit
Ich finde das Wort WEIBLICH sehr schön. WEIB klingt für mich nach einer starken, robusten Frau und die Endung -LICH nach lieblich und zart. Eine durchaus passende Beschreibung für Frauen.
Nach meinem Empfinden hat jeder Mensch einen weiblichen und einen männlichen Anteil in sich. Während das Männliche eher mit Aktivität, Stärke, Struktur und Zielstrebigkeit in Verbindung gebraucht wird, ist das Weibliche eher mit Passivität, Annahme und Weichheit assoziiert. Dabei ist die weibliche Kraft auf ihre eigene Art nicht weniger stark.
In dem Symbol des Yin und Yang der chinesischen Philosophie lässt sich gut erkennen, das beide Prinzipen (weiblich = Yin, männlich = Yang) gleichwertig sind und in dem einen bereits das andere liegt. Nur zusammen sind sie vollständig.
Im Alltag wissen wir, das auf den Einatem (aktiv = Yang) der Ausatem (passiv = Yin) folgt, auf Tag die Nacht, auf Anstrengung eine Pause.
Trotzdem habe ich das Gefühl, das weibliche Eigenschaften weniger gepflegt und beachtet werden. Wir lieben die Sonne und vergessen die Schönheit des Mondes. Frauen stehen eher ihren Mann als die Kostbarkeit des Fraulichen zu feiern.
Aber welche Eigenschaften sind denn nun weiblich?
Für mich ist es das Öffnen, die Hingabe, ein Annehmen, Loslassen, Mitgefühl und Warten. Die Dinge einfach mal geschehen lassen, in dem Vertrauen, dass es gut wird. Ein Nähren. Die Kreativität und Intuition.
Das Feminine empfängt neues Leben, wartet geduldig, bis es herangewachsen ist, um dann unter der Geburt zu lernen, das Kind zum ersten und nicht zum letzten Mal loszulassen. Im Weiblichen liegt die Annahme des Kindes, so, wie es ist: beobachtend, unterstützend, nährend und liebend. Aber dabei wachsam und stark wie eine Löwin.
Das bedeutet nicht, dass Männer nicht auch diese Fähigkeiten haben. In ihnen gibt es ja genauso weibliche Anteile, wie das Yin-Yang zeigt.
Dieses mütterliche Annehmen und Stärken von Kindern aber auch Mitmenschen oder Ideen und anderem ist eine kostbare und wichtige Eigenschaft, die uns als Gesellschaft nicht verloren gehen sollte. Ein Kind, das bedingungslose Liebe erfährt, kann im außen aufhören sich zu beweisen und zu konkurrieren. Statt dessen kann es sich zeigen, wie es wirklich ist. In dem Wissen, dass es gut ist und nur für sein Dasein geliebt wird. Es kann seine Fähigkeiten entfalten.
Aber auch als Erwachsene sind wir zu Höchstleistungen fähig, wenn jemand (egal welchen Geschlechts) wohlwollend und bestärkend an unserer Seite steht.
Genauso dürfen Pausen, Träumen und Genießen gerne wieder Einzug in unser Leben halten.
„Hör mit den Ohren der Toleranz.
Sieh durch die Augen des Mitgefühls.
Sprich die Sprache der Liebe.“
Rumi
Yin- Qualitäten sind für uns als einzelner Mensch (egal welchen Geschlechts), aber auch für ein gesundes und wohlwollendes gesellschaftliches Miteinander wichtig. Schenken wir doch dieser Seite in uns wieder mehr Beachtung und kommen dadurch wieder in unser Gleichgewicht: in eine geheilte Weiblichkeit, Raum gebend für eine ebenso geheilte Männlichkeit.
03/2024